2017-04-29 22:46:52 +0000 2017-04-29 22:46:52 +0000
4
4

Warum haben Menschen, die mit Tollwut infiziert sind, Angst vor Wasser?

Hydrophobie kommt einem in den Sinn, wenn man an von Tollwut infizierte Personen denkt… Aber gibt es eine wissenschaftliche/medizinische Erklärung dafür, warum speziell Tollwut eine Angst vor Wasser verursacht, speziell?

Liegt es daran, dass das Schlucken schwer ist, wenn man Tollwut hat, und da Wasser geschluckt werden muss, haben sie Hydrophobie?

Oder erstreckt sich die Angst vor Wasser auch auf die Angst vor dem Ertrinken?

Was genau fürchten sie vor Wasser? Und wie verursacht Tollwut eine spezifische Angst vor Wasser und nicht nur vor… allem?

Antworten (1)

2
2
2
2017-05-07 18:09:45 +0000

Wenn das Tollwutvirus auf einen neuen Wirt übertragen wird, greift es zunächst Muskelzellen an, was das Immunsystem des Wirts daran hindert, die Invasion zu erkennen. Als nächstes bindet es an Neuronen an der neuromuskulären Verbindungsstelle. Da das Tollwutvirus neurotropisch ist, bindet es bevorzugt an Neuronen, insbesondere an die Acetylcholinrezeptoren auf Neuronen. Nach der Bindung an die neuromuskuläre Verbindung nutzt es den retrograden Transport, um das Neuronenaxon hinaufzuwandern. Wenn das Virus den Neuronenzellkörper erreicht, breitet es sich rasch im zentralen Nervensystem aus, wo es sich in motorischen Neuronen vermehrt und schnell das Gehirn erreicht. Dann wandert es zum peripheren und autonomen Nervensystem und erreicht schließlich die Speicheldrüsen.

Warum verursacht das Tollwutvirus also Hydrophobie? Das Virus sammelt sich in den Speicheldrüsen des Wirtes an, so dass es auf den nächsten Wirt übertragen werden kann, oft durch Wunden, die durch einen Biss zugefügt wurden. Da sich das Virus durch Bisse ausbreitet, würde die Übertragung durch Trinken oder Schlucken verringert (indem die Menge des infizierten Speichels im Mund reduziert wird). Um dies zu verhindern, verursacht das Tollwutvirus schmerzhafte Krämpfe im Rachen und Kehlkopf. Dies führt dazu, dass die Speichelproduktion im Wirt stark erhöht wird, und bedeutet auch, dass das Trinken oder auch nur der Gedanke an das Trinken schmerzhafte Krämpfe im Rachen verursacht. Da die beim Trinken auftretenden Muskelbewegungen unwillkürlich sind und das Virus bereits das autonome Nervensystem und die motorischen Neuronen infiziert hat, ist es ihm dadurch möglich, die unwillkürlichen Muskelbewegungen von Rachen und Kehlkopf im Wirt zu kontrollieren. Diese Assoziation des Schluckens mit den entsetzlichen Schmerzen und der Schluckunfähigkeit, die zum Ersticken führt, ist es, was die Angst vor Wasser auslöst.

Der Begriff ‘Hydrophobie’ ist in diesem Fall also etwas irreführend - Baden oder ein Gewässer würde möglicherweise keine hydrophobe Reaktion auslösen (es sei denn, die Einnahme von Wasser wäre eine Möglichkeit), da die Angst insbesondere die Angst vor dem Ersticken an Flüssigkeiten aufgrund von Schluckstörungen ist.